Am Beispiel der Schweine
Die tiergemäße Haltung für Schweine ist die Freilandhaltung. Das ist verständlich, denn Schweine leben nun mal in der Natur im freien Gelände. Sie sind Allesfresser, die gern im Boden wühlen und dort ihre Nahrung mit ihrem empfindlichen Rüssel aufspüren. Der Körperbau der Tiere ist an ihren natürlichen Lebensraum angepasst (Wälder, Moore) so z.B. der Schweinefuß an weichen Waldboden. Gern nehmen sie Schlammbäder, um ihre Haut zu reinigen und von Parasiten zu befreien. Zudem sind sie gesellige Tiere. Bis zu 30 weibliche Tiere (Sauen) leben in der Natur gemeinsam mit den Jungtieren (Ferkeln) in Gruppen. Ihr Tag ist ausgefüllt von der gemeinsamen Nahrungssuche. Dabei kommt ihnen ihre ausgeprochene Neugier, Entdeckungsfreude und Lernfähigkeit zu Gute – wichtige Eigenschaften, um sich in der Natur immer wieder neue Nahrungsquellen zu erschließen. Eine Gruppe Wildschweine nutzt in freier Natur Flächen von 1000 bis 6000 Hektar.
Die Lebenswirklichkeit der Schweine in der Nutztierhaltung ist heutzutage weit von ihren natürlichen Lebensbedingungen entfernt. Es gibt Freilandhaltungen – in der Regel im Bereich der ökologischen Schweinehaltung – die diesen natürlichen Lebensbedingungen noch am nächsten kommen. Doch im Bereich der industriellen Massentierhaltung wird Schweinen im Grunde nichts geboten, was sie zu einem tier- bzw. artgemäßen Leben benötigen. Schweine leben dort auf harten Betonfußböden mit Spalten.Das ausschließliche Laufen auf diesen harten Böden führt zu permanenter Überforderung des Fußes und der Gelenke, die an eine andere Lastverteilung auf weicheren Böden angepasst sind. Verkrustungen des Fußballens, Gelenkentzündungen und Verletzungen an scharfen Betonkanten sind die häufige Folge, die den Tieren mit Sicherheit Schmerzen verursachen.
Das Platzangebot für Schweine in der Nutztierhaltung wird mit der so genannten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgelegt. Der Name dieser Verordnung ist irreführend, denn es geht mit ihren Regelungen um allerlei Dinge, nur nicht um Tierschutz. Für Mastschweine mit einem Körpergewicht von über 50–110 kg ist eine Mindestbodenfläche von lediglich 0,75 m² pro Schwein vorgesehen, für Schweine mit einem Gewicht von über 110 kg eine Fläche von 1 m². Man bedenke: Schweinegruppen leben in der Natur auf 1000 bis 6000 Hektar. Schweine können sich also in der Massentierhaltung nicht ausreichend bewegen, sie können nicht oder nur sehr eingeschränkt ihr Sozialverhalten ausleben, sie können nicht auf natürliche Weise ihre Nahrung suchen. Auch leiden sie in den oft dunklen und übervollen Beständen unter Stress aller Art, der nicht selten zu abnormem Verhalten führt. Schweine können weitaus besser riechen als wir Menschen und leiden deshalb mit Sicherheit unter dem scharfen Geruch der Gülle, auf der sie leben müssen. Die ätzenden Ammoniakdämpfe in den Ställen führen bei ihnen zu dauerhaften Reizungen der Augen und der Atemwege.
Mit der Massentierhaltung sind körperliche Eingriffe in die Tiere verbunden, die ihnen sicherlich unsägliche Schmerzen verursachen. Dazu gehört die betäubungslose Kastration männlicher Ferkel, das Abschneiden der Ringelschwänze und das Abschleifen der Zähne – brutale Maßnahmen, mit denen die Tiere für das intensive Haltungssystem passend gemacht werden sollen.
Weitere Fakten ließen sich aufzählen, mit denen aufgezeigt wird, wie wenig sich Massentierhaltung bzw. industrielle Tierhaltung um die Bedürfnisse der Tiere kümmert. Es zählt einzig und allein, eine möglichst effektive Produktionskette, in die sich die Tiere einzufügen haben.