Am 23. März 2015 waren wir bei der Erzeugergemeinschaft (EZ) Fürstenhof zu Besuch, dem größten Produzenten von Bio-Eiern in Mecklenburg-Vorpommern. Die EZ wurde 2003 gegründet, zu ihr gehören heute 14 Betriebe, rund 200 Mitarbeiter_innen und circa 500.000 Tiere. Wir wollten uns vor Ort einen Eindruck verschaffen, ob und wie biologische Haltung auch in größeren Maßstäben sinnvoll ist und wie sie in der Praxis funktioniert. Dazu trafen wir uns mit dem Geschäftsführer Friedrich Behrens, der Geschäftsführerin Michaela Giehlow und der Pressesprecherin Annalina Behrens am Firmensitz in Fürstenhof bei Teterow und besichtigten anschließend die Elterntieraufzucht in Klein Methling, die Junghennenaufzucht in Finkenthal und die neue Elterntieraufzucht in Groß Markow.
Die Eierproduktion ist heutzutage sehr diversifiziert und so haben sich die meisten Betriebe auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert. Dies beginnt meistens bei der Elterntierhaltung, wo Hennen und Hähne gemeinsam gehalten werden und befruchtete Eier erzeugen. Danach gehen die befruchteten Eier in eine Brüterei, wo sie im Brüter rund drei Wochen lang ausgebrütet werden. Anschließend werden in den meisten Brütereien die männlichen Küken heraussortiert und getötet und entsorgt, da sie keine Eier legen können und ihre Mast zur Gewinnung von Fleisch nicht profitabel genug sein soll. Dies ist bei Fürstenhof teilweise etwas anders, aber dazu weiter unten mehr („Projekt Hähnlein“). Die weiblichen Küken gehen im Anschluss in die Junghennenaufzucht und schließlich in die Legehennenhaltung, wo sie Eier legen, die an den Groß- und Einzelhandel verkauft werden.
Die Erzeugergemeinschaft Fürstenhof hat nach eigener Aussage den Anspruch, all dies in einer Öko-Kreislaufwirtschaft zu leisten. Also biologisch zertifizierte Haltung von den Elterntieren über die Legehenne bis zum Ei für den Handel. Und so gehören zur EZ Fürstenhof Betriebe zur Elterntierzucht, eine Brüterei in Niedersachsen, eine Jungehnnenaufzucht und Legebetriebe. Außerdem ein eigenes Mischfutterwerk und mehrere Marktfruchtbetriebe, die einen Teil des Futters produzieren. Zudem erzeugt die EZ einen Teil ihres Stroms selbst aus regenerativen Energien und bemüht sich, einen teil des Sojas selbst anzubauen anstatt es zu importieren.
Die Tötung männlicher Küken in den Brütereien ist ein großes Problem und ist nur durch zahlreiche Ausnahmegenehmigungen vom normalerweise gültigen Tierschutzgesetz möglich. Fürstenhof bemüht sich mit seinem „Hähnlein“-Projekt, auch den männlichen Küken ein Leben zu ermöglichen und sie anschließend zu mästen und das Fleisch zu verkaufen. Die entsprechenden Eier und das Hähnlein-Fleisch gibt es u.a. bei REWE und Edeka zu kaufen, aber auch im eigenen Hofladen in Finkenthal. Die Mehrkosten werden durch einen Aufschlag von rund vier Cent pro Ei gegenfinaziert. Nach eigenen Angaben beträgt das Volumen der Hähnlein-Produktion inzwischen 15% dessen der Hennenaufzucht. Ziel sei, dies weiter auszubauen.
In der Vergangenheit gab es bei Fürstenhof Probleme mit Überbelegungen von Ställen und mit Pestizidrückständen im Futter. Dem wollen die Erzeuger mit verstärkten Eigenkontrollen und mit einer Selbstverpflichtung begegnen. Künftig sollen bei Fürstenhof nur noch maximal 6.000 Tiere in einem Stallgebäude (entspricht zwei Herden à 3.000 Tieren) untergebracht werden.
Wir sehen in dem Hähnlein-Projekt eine marktfähige Alternative zur sinnlosen, brutalen Tötung männlicher Küken. Wir halten allerdings eine Erhöhung des Volumens der Aufzucht von Hähen für erstrebenswert, denn es kann kaum gerechtfertigt werden, dass auch in der ökologischen Haltung noch 85% der Hähne (Hähne oder Volumenprozent?) nach ihrem Schlüpfen getötet werden. Daher setzen wir uns für ein schnelles Verbot des Kükentötens ein. Kritisch anzumerken ist zudem, dass die Bio-Haltungsverordnung so ausgelegt wird, dass Elterntiere aus Gründen des Infektionsschutzes keinen Auslauf bekommen dürfen. Dies wollen wir überprüfen und ggf. ändern. Fürstenhof hält im Rahmen einer Selbstverpflichtung 6.000 Tiere pro Stall. Hier wollen wir dieEU-Haltungsverordnung überprüfen, ob diese nicht schon selbst vorschreibt, dass maximal 3.000 Tiere, also eine Herde in einem Gebäude gehalten werden dürfen und dies lediglich in der Praxis sehr viel pragmatischer gehandhabt wird.
„Unser Fazit ist, dass die Haltungsbedingungen auch in Großbetrieben, die ökologisch produzieren besser ist, als die in konventionellen Betrieben. Allerdings wollen wir die Haltungsverordnungen prüfen und z.T. verschärfen, denn das Tierwohl sollte aus unserer Sicht vor den Profit gehen. Kritisch sehen wir das Verhaältnis Herdengröße zur Auslauffläche. Ein Huhn meidet in der Regel große Freiflächen und sucht unter Büschen, Bäuschen oder anderen Strukturelementen Schutz vor Greifvögeln.“ – Jutta Gerkan
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